
In meiner Praxis habe ich schon einiges an Skurrillem oder Absurditäten in IT-Verträgen gesehen. Manches davon war glücklicherweise noch im Entwurfsstatus und konnte wieder verändert werden. Anderes war längst unterschrieben und hat zum Teil Business Transformationen fast unmöglich gemacht (ein Ausstieg aus dem Vertrag war nur zu horrenden Kosten möglich), oder Business Transformationen erzwungen (weil Provider zum ungünstigen Zeitpunkt aus Verträgen ausgestiegen sind.)
Die 5 typischen IT-Sourcing-Modelle
Im folgenden gibt es daher ein paar Impulse zur Best Practice im profesionellen IT-Sourcing und Provider-Management, damit Dein Unternehmen nicht die Liste dieser Absurditäten verlängert.
Zunächst solltest Du Dir Klarheit darüber verschaffen, welches IT-Sourcing-Modell für welchen Teil Deiner IT-Landschaft das richtige ist. Wo kann sich Dein Unternehmen im Wettbewerb durch die Informationstechnolgie differenzieren? Und wie genau ist diese Differenzierung möglich (eigene Software oder intelligente Integration von Standardsystemen?) Wo kannst Du Skaleneffekte durch Outsourcing gewinnen? Und kannst Du überhaupt das notwendige eigene Knowhow aufbauen, um einen guten Service anbieten zu können (z.B. im Bereich der IT-Sicherheit)?
Je weniger Dein Unternehmen sich durch die IT im Markt differenzieren kann, desto weiter oben in der nachfolgenden Übersicht solltest Du das entsprechende Sourcing-Modell für diesen Teil Deiner IT-Landschaft wählen.
Die 6 Bestandteile von IT-Service-Descriptions
"Die Service-Descriptions haben Zeit, die erarbeiten wir erst, wenn der eigentliche Vertrag schon unterschrieben ist". Auch das habe ich schon häufiger gehört. Und es ist verständlich, da die Formulierung von Service-Descriptions durchaus sehr viel Arbeit bereiten kann. Aber der Effekt ist der selbe, wie wenn Du eine Reise buchst und bezahlst, von der Du glaubst, dass Du mit einem First-Class-Flug in ein 5-Sterne-Hotel in der Südsee fliegst, aber dies nicht vereinbart hast. Dann hast Du keine Chance, Dich gegen eine 2.-Klasse-Zugfahrt in eine mittelprächtige Pension im Hinterland einer uninteressanten Kleinstadt zu wehren.
Daher: Mach Dir (und Deinem Team) die Mühe, solche Service-Descriptions zu erstellen, bevor Du einen IT-Outsourcing-Vertrag unterzeichnest.
Und falls Du Mindest-Abnahme-Verpflichtungen eingehen musst (versuche das auf jeden Fall zu vermeiden), dann wähle folgendes Verfahren. Kalkuliere das pessimistischste Szenario bzgl. der Mindestabnahme-Volumina und comitte davon maximal ein Fünftel. Oder möchtest Du wirklich auf Jahre für nicht erbrachte Leistungen zahlen?
Mindestanforderungen an IT-Verträge
Je nach Sourcing-Modell unterscheiden sich natürlich die IT-Verträge. Bei der Verhandlung und beim Review von IT-Verträgen achte ich insbesondere auf 3 Punkte:
- Hoheit über IT-Architekturen: Du als Auftraggeber musst das Entscheidungsrecht über die IT-Architektur (entsprechend des Sourcing-Modells) haben. Sie entscheidet massgeblich über Deine Flexibilität im Business- und Operating-Modell. Und hat dieses Entscheidungsrecht ein IT-Dienstleister, so kann er Dir grosse Migrationsprojekte in Rechnung stellen, die Dir aber kaum Business-Nutzen bringen.
- Vertragslaufzeit: Fordert Dein Dienstleister mindestens 7 Jahre? Oder doch eher 10? Du hast keine Ahnung, welche Technologien dann aktuell sind oder wie Dein Business- oder Operating-Modell aussieht. Und Du weisst nicht, welche Qualität Dein Dienstleister wirklich liefert. Daher lieber eine Vertragslaufzeit von 3 Jahren (maximal 5 Jahren), klarerweise mit Option auf Verlängerung für Dich.
- Projektkosten bei Vertragsbeginn und -ende: Über die Projektkosten für den Wechsel zum neuen IT-Dienstleister bei Vertragsbeginn bzw. -ende kann man sich einigen: 50/50 oder ein Sign-Up-Bonus oder jeder trägt die eigenen Kosten. Alles ist denkbar. Regeln solltest Du auf jedenfall, wer die Projektkosten trägt, falls Du aus Qualitätsgründen aus dem laufenden Vertrag aussteigen musst. Der Logik nach sollten sie vom Dienstleister, der nicht vertragsgemäss geleistet hat, erbracht werden...
Und bevor Du unterschreibst, höre auf Deine Intuition: Macht jemand besonders Druck, dass dieser Vertrag jetzt unterschrieben werden muss? Dann prüfe diesen Vertrag besonders, bevor Du ihn unterschreibst. Im Zweifel solltest Du lieber neu verhandeln.
Ich biete Dir Unterstützung bei der Neuverhandlung oder dem fachlichen Review (zum Festpreis) auch von umfangreichen IT-Verträgen an. Kontaktiere mich gerne für ein erstes unverbindliches Gespräch. Auf dass Du Deine unternehmerische Freiheit bewahrst oder wieder zurückgewinnst.